as Schul- bzw. Ausbildungsjahr ist vorbei. Für das Integrationsprojekt in der Kistlerhofstraße ein Anlass, einige Erfolge mit den Bewohnern feiern können. Auch diesmal haben wieder zahlreiche Klienten es geschafft, wichtige Schritte in ihrem Leben zu gehen. Die nachfolgende Tabelle zeigt eine Übersicht:
Ausbildungsabschlüsse | 11 |
Schulabschluss Mittelschule | 3 |
Schulabschluss Mittlere Reife | 2 |
Abschluss des Schul- Ausbildungsjahrs | 18 |
Beginn Qualifizierungsmaßnahme | 3 |
Hinter diesen Zahlen stehen natürlich immer persönliche Geschichten voller Höhen und Tiefen. Zwei dieser Storys haben wir exemplarisch ausgewählt. Ein Blick hinter die Statistik.
Alis weiter Weg
2015 musste Ali (Name geändert) mit gerade einmal 15 Jahren eine gefährliche Flucht auf sich nehmen, um Afghanistan zu verlassen. Seine Reise führte ihn nach Deutschland. Hier wurde er in Obhut genommen und zog in eine Kleinstadt vor München. Im Dezember 2016 wurde Ali Teil des Integrationsprojekts.
Eine Willkommenskultur erfuhr Ali jedoch nicht. Der Schulbesuch in dem Ort in der Nähe Münchens war ihm zwar möglich, doch schon bald musste er die Schule und den Wohnort wechseln, da er mehrfach von einer rechtsradikalen Jugendgang in der Kleinstadt angegriffen worden war. Weitere traumatische Erlebnisse für Ali, der wie so viele mit einer bewegenden und im Kern brutalen Historie zu uns gekommen ist. Seine Fluchtgeschichte hatte weitreichende Auswirkungen und Begleiterscheinungen: Schlafstörungen, Angstzustände und regelmäßige, langanhaltende dissoziative Anfälle.
Immer weiter an Boden gewinnen
Mit dem sicheren Umfeld und dem vertrauensvollen Verhältnis mit seiner Bezugsbetreuung in der Kistlerhofstraße, dem trotzdem offenen Feld mit vielen Kontakten durch die nur unerheblich älteren Student*innen, gewann Ali „Zentimeter um Zentimeter“ an Boden. Er feiert und tanzt gerne, afghanische Bräuche und Musik begleiten ihn fast permanent, wenn er durchs Haus zieht. Wir hören ihn singen, bevor wir ihn sehen!
Wenn es seine psychische Konstitution in irgendeiner Weise zugelassen hat, ist Ali zur Schule gegangen. Er wollte und will leben, er möchte lernen.
Große Erfolge, riesige Trauer
Rückschläge hatte er viele und das Aufstehen war nicht immer leicht. Der Aufenthalt lange unsicher, die Nachrichten von der Familie in Afghanistan oft beunruhigend. Seinen Schulabschluss hat Ali unter Pandemiebedingungen 2020 geschafft. Ein riesiger Erfolg. Doch der wurde massiv erschüttert, denn Alis Mutter starb kurz darauf. An eine Ausbildung war da natürlich nicht zu denken. Stattdessen gab es Maßnahmen zur Berufsvorbereitung und Praktika.
Es lief mal besser, mal schlechter.
Und doch: Zum 01.09.2021 beginnt die Ausbildung, eine neue Stabile im Instabilen. Ali will bleiben und lernen.
Samis Ausbildung mit sprachlichen Hindernissen
Im September 2019 hat Sami (Name geändert) eine Ausbildung zum Anlagen- und Maschinenführer begonnen. Bis hierhin war es ein schwieriger Weg, den Sami zu meistern hatte.
Sami ist im Juli 2016 bei uns eingezogen. Bereits einen Monat später musste er sich einer großen OP unterziehen, weshalb er lange Zeit im Krankenhaus verbringen musste. Alleine ließen wir ihn jedoch nie. Sami wurde oft von uns besucht und durch diese harte Zeit begleitet.
Auftrieb gab es Sami, dass seine Schwester im Oktober 2016 nach Deutschland kommen durfte. Die beiden haben ein gutes Verhältnis und treffen sich regelmäßig.
Im Juli 2017 machte Sami seinen Mittelschulabschluss. Hierfür hat er sehr oft das Angebot der im Haus lebenden Studierenden genutzt, die ihn mit Einzelnachhilfe unterstützt haben.
Mit Fleiß die Hürden überwunden
Mit dem Ausbildungsbeginn wurde es aber wieder komplizierter für Sami. Er tat sich schwer, sowohl in der Berufsschule als auch im Betrieb.
Aber er biss sich durch und das trotz einiger zu überwindenden Komplikationen. Zu diesen gehörte auch die Sprachbarriere. Es war jedoch nicht grundsätzlich das Deutsch, sondern der bayerische Dialekt, den einige der Berufsschullehrer*Innen und Mitschüler*Innen sprachen.
Die Berufsschulzeit konnte Sami mit Unterstützung des pädagogischen Teams und der Nachhilfeangebote der studentischen Hilfskräfte dennoch meistern und seine sprachlichen Defizite durch seinen kontinuierlichen Fleiß und Ehrgeiz mehr als ausgleichen. Mittlerweile ist er außerdem zu einem jungen Erwachsenen geworden, der einen wichtigen Teil in seiner Wohngruppe einnimmt.
Erfolg als Belohnung
Lohn für Samis Engagement: Im Juni 2021 hat er seine Ausbildung mit der Note 2,8 erfolgreich abgeschlossen. Nun wird er im September 2021 freiwillig das dritte Zusatzausbildungsjahr als Lebensmitteltechniker beginnen.